Leserbrief zum Post Scriptum Rechtsgrundsätze (P.S. 10-25)
In seiner Kolumne beschreibt der Autor verschiedene lateinisch formulierte Rechtsgrundsätze und macht auf nachvollziehbare Weise deren Sinn und Logik deutlich. Leider verliert der Autor seine nüchterne und interessierte Haltung im Mittelteil und fällt auf abgedroschen linke Vorurteile zurück, wenn er spöttisch anmerkt, dass «die meisten liberalen Kräfte den Staat nicht vollständig abschaffen» wollten. Mit Verlaub, ich kenne keine liberalen Kräfte, die den Staat abschaffen wollen. Die Staatsabschaffer nennen sich Anarchisten, wenn sie von der linken Seite kommen, oder Libertäre. Allen Liberalen ist bewusst, dass öffentliche Güter (Stichwort Nicht-Ausschliessbarkeit und Nicht-Rivalität des Konsums) zentral sind für den gesellschaftlichen Wohlstand und dass es für ein öffentliches Gut wie z.B. die Rechtssicherheit staatliche (oder staatsähnliche) Institutionen braucht.
Die Frage ist nicht, ob wir einen Staat brauchen, sondern wieviel Staat wird brauchen. Diese Frage sollte nicht nur die liberalen Kräfte, sondern auch linke Personen beschäftigen. Nicht nur die Geschichte, sondern auch die Realität zeigt, dass das grösste Unheil für eine Gesellschaft dann entsteht, wenn der Staat in die Hände eines rücksichtslosen Soziopathen (siehe Russland) oder eines hemmungslosen Egomanen (siehe USA) fällt. Es ist diese brutale Erfahrung, welche liberal denkende Personen dazu bringt, jeden Ausbau des Staats skeptisch zu hinterfragen.