Angriff auf die Schweiz – Nichts gelernt aus der Vergangenheit


Die NATO-Länder werden ihre Verteidigungsausgaben massiv erhöhen. Am 24.6.2025 beschlossen die im Pakt beteiligten Länder, die Verteidigungsausgaben auf mindestens 3.5% zu steigern. Zusätzlich werden noch 1.5% für sicherheitsrelevante Infrastrukturmassnahmen geplant.

Angesichts der Staatsverschuldung der betroffenen Länder und der Tatsache, dass die wenigsten Länder die seit langem beschlossenen 2.5% für die Verteidigung erreichen, ist klar: Diese Beschlüsse werden in praktisch allen Ländern zu innenpolitischen Verteilkämpfen führen. Schon jetzt ist absehbar, dass vor allem die südlichen Länder allerlei Tricks versuchen werden, um die beschlossenen Ausgabenziele nur vorgeblich zu erreichen. Trotzdem kann davon ausgegangen werden, dass die beschlossenen Ziele mittelfristig erreicht werden. Zu gross ist der Druck, den die Länder, welche die Ziele bereits erfüllen, und vor allem die USA ausüben werden. Trittbrettfahren wird nicht geduldet.

Was bedeutet das für die Schweiz? Der Bund verwendet gemäss offiziellen Zahlen bescheidene 0.8% für die Verteidigung. Die Schweizer Politiker wähnen sich durch die benachbarten NATO-Staaten gesichert und sehen offensichtlich keinen Anlass, mehr Geld in die Verteidigung zu stecken. Das dürfte ein grosser Irrtum sein.

Schweizer Realitätsverweigerung

Woher kommt der Druck, dass auch die Schweiz aufrüsten muss? Geopolitisch ist Russland der Grund. Der russische Einfall in die Ukraine hat allen angrenzenden Staaten aufgezeigt, dass sie ein Opfer der russischen Aggression werden können. Damit sind alle NATO-Staaten in Europa herausgefordert. Trotzdem dürfte die Wahrscheinlichkeit, dass die russische Armee in den nächsten 20 Jahren an der Schweizer Grenze stehen und die Verteidigungsbereitschaft des Landes prüfen wird, eher gering sein. Der Druck auf die Schweiz kommt von anderer Seite und ist anderer Art. Wir müssen nur die Augen öffnen und in die letzten 30 Jahre der Schweizer Geschichte zurückblicken.

In dieser Zeitspanne wurde die Schweiz zwei Mal angegriffen und musste, trotz anfänglich grossmundig angekündigtem Widerstand, jeweils schmähliche Niederlagen einstecken. Die Angriffe erfolgten nicht mit Waffen, sondern mit politischem Druck. Als Resultat musste die Schweiz zahlen.

Beim ersten Mal ging es um die Holocaust-Gelder. Dieser Streit um die nachrichtenlosen Vermögen jüdischer Holocaust-Opfer beschäftigte die Schweiz von 1996 bis 2000. Geregelt wurde dieser Konflikt schliesslich mit einem Abkommen, in welcher die Schweizer Banken sich zu einer Zahlung von 1.25 Milliarden Dollar zugunsten von Holocaust-Überlebenden und deren Nachkommen verpflichteten.

Eine ähnliche Geschichte erlebte die Schweiz 2008, als sie wegen des Bankgeheimnisses Gefahr lief, von der OECD auf eine schwarze Liste unkooperativer Staaten gesetzt zu werden. Am Ende konnte das Bankgeheimnis gegenüber ausländischen Bankkunden nicht länger aufrechterhalten werden und die Schweizer Banken mussten sich dem Diktat des automatischen Informationsaustausches (AIA) unterwerfen.

In beiden Fällen waren die massgebenden Akteure in der Politik (und bei den Banken) nicht fähig, die Signale zunehmender Isolation wahrzunehmen. Genau damit weist die aktuelle Situation unangenehm viel Ähnlichkeiten mit den damaligen Krisensituationen auf.

Kosten für die Schweiz

Offenbar können sich die Schweizer Politiker nicht vorstellen, wie das für die europäischen Staaten aussehen muss, wenn diese mehr als 3.5% des Staatshaushalts für die Verteidigung ausgeben müssen und das reichste Land in ihrer Mitte kann bequem Trittbrettfahren. Offenbar sind die Schweizer Politiker nicht in der Lage, abzuschätzen, welche Druckmittel die USA und die voranschreitenden Länder gerade entwickeln, um die Nachzügler gefügig zu machen. Druckmittel, welche diese Länder in geballten Mass auf die Schweiz richten werden, wenn die Zeit gekommen ist. Dabei sollte die Vorgehensweise, welche die USA gegenüber den NATO-Staaten zeigt, auch dem letzten Politiker in der Schweiz die Augen öffnen.

Die Frage ist also nicht, ob die Schweiz die Ausgaben für die Verteidigung massiv erhöht. Die Frage ist nur, wie und wo sie das macht. Im schlimmsten Fall verschlafen die Schweizer Politiker den richtigen Zeitpunkt. In der Folge fände sich die Schweiz in einer Situation wieder, in welcher sie einen gewichtigen Beitrag zur europäischen Verteidigung leisten müsste, ohne mitbestimmen zu können, wohin dieser Beitrag fliesst. In diesem leider durchaus wahrscheinlichen Fall würde die Schweiz nur ins Ausland zahlen, wie sie das heute schon mit den Kohäsionszahlungen tut. Die eigene Verteidigungsfähigkeit wäre damit in keiner Weise gestärkt.

Kostengünstige Alternative

Meine Prognose ist also: die Schweiz wir früher oder später von ihren europäischen Freunden gezwungen werden, ihren Beitrag zur europäischen Verteidigung zu leisten. Es gibt allerdings eine Randbedingung, welche entscheidend ist für die Gültigkeit dieser Prognose. Die Ursache für die gegenwärtige Aufrüstung in Europa ist der Krieg in der Ukraine und Russlands aggressives Auftreten. Sollte Russland in der Ukraine verlieren, wären Russlands Machtgelüste entscheidend zurückgebunden. Damit entschwände für die Länder Europas der Zwang zur Aufrüstung. Die Diskussionen um Europas Verteidigungsfähigkeit verschwände umgehend aus der Öffentlichkeit, denn die europäischen Länder hätten ihre Verteidigungsfähigkeit sichergestellt und damit den Wunsch der amerikanischen Präsidenten erfüllt. Ohne Russlands Aggression könnte sich sogar die USA gefahrlos aus der NATO verabschieden.

Die mit Abstand kostengünstigste Lösung, um den Frieden in Europa und die Verteidigungsfähigkeit der europäischen Länder zu sichern, wäre somit, der Ukraine zu einem raschen und vollständigen Sieg zu verhelfen.

Im Grunde ist dies der wahre Skandal. Trotz technologischer Überlegenheit verraten Europas Politiker mit ihrer Untätigkeit nicht nur die freiheitsliebende Bevölkerung in der Ukraine, sondern auch ihre eigene Bevölkerung. Sie halsen dieser eine Aufrüstung auf, welche mit vorausdenkendem Handeln eigentlich nicht nötig wäre.

Subkutan


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