Die nächste Krise ist aufgegleist

19. June 2011, Krise, Politik, aktion-hip, No Comments »

Ganz Europa will den Bankrott Griechenlands abwenden. Doch die Weichen für diese Krise sind gestellt. Nun entwickelt sich die Katastrophe vor unseren Augen, langsam, aber beständig. Diese griechische Tragödie ist unvermeidbar.

Lange sprachen die Politiker und Ökonomen von einer Ansteckungsgefahr, wenn der griechische Staat Bankrott ginge. Aus dieser Gefahr ist mittlerweile Gewissheit geworden. Der Markt wird ein Versagen Griechenlands umgehend an Portugal, Spanien und in der Folge wahrscheinlich auch an Irland und diverse andere EU-Staaten weitergeben. Weil die Politiker dies wissen, kämpfen sie mit allen Mitteln, nicht nur politischen oder ökonomischen, sondern auch semantischen, gegen den Bankrott Griechenlands. Doch welche Chancen haben sie?

Griechenland hat schätzungsweise 10% des unbedingt notwendigen Reformwegs zurückgelegt. Ist die Bevölkerung bereit, diesen Weg weiter zu gehen und auch die restlichen 90% zu tragen? Wer dies ernsthaft glaubt, lebt nicht auf dieser Welt. Es gibt kein demokratischer Prozess, welcher in Griechenland in der Bevölkerung eine entsprechenden Bereitschaft verankern könnte, so, wie Griechenland aktuell institutionalisiert ist.

Griechenland ist in der Rolle eines privilegierten Schuldners. Griechenland ist definitiv “too big to fail”. Darauf spekuliert Griechenlands Bevölkerung und mit ihren massiven Protesten stärken sie der Regierung den Rücken, die von der EU geforderten Anpassungsprozesse nur mangelhaft um- und durchzusetzen. Die Regierung wird zwar zähneknirschend signalisieren, dass sie die von der EU geforderten Massnahmen umsetzen werde, worauf die EU-Gesandten an die Zentrale zurückmelden, Griechenland sei auf der Spur und die nächste Kredittranche können freigegeben werden. Bei der nächsten Ãœberprüfung (nach ca. 6 Monaten) wird sich herausstellen, dass Griechenland überhaupt nicht auf der Spur ist. Statt dessen wird sich Griechenlands Wirtschaft tiefer in der Krise befinden, die politischen Prozesse werden noch mehr blockiert sein und Griechenlands Bevölkerung wird, statt dass sie produktiv an der Beilegung der Krise arbeiten würde, noch empörter ihren Widerstand gegen die wie auch immer verantwortungslose Politik auf die Strasse tragen.

Alle beteiligten Parteien behaupten, sie seien an der Krise nicht schuldig, und reichen den faulen Apfel bzw. die Verantwortung umgehend an den nächsten Spieler weiter. Alle spekulieren, dass der Nächste den Apfel nicht mehr weiterreichen kann und zahlen wird. Der letzte Spieler, der den faulen Apfel nicht mehr weiter geben kann, ist schon bestimmt. Es ist der Steuerzahler der EU-Länder. Dieser Steuerzahler hat nur periodisch, bei Wahlen, die Gelegenheit, seine Meinung zu äussern. Ob und in welchem Umfang er bereit ist, die Sanierungskosten Griechenlands zu übernehmen, dazu wird er nicht gefragt. Kommt hinzu, dass die EU-Politiker es meisterhaft verstehen, diese Sanierungskosten zu verschleiern. Momentan sind diese Kosten nur Zahlenreihen in politischen Mittelungen der EU-Politiker und der EZB. Das ist zwar transparent, doch diese Transparenz ist akademischer Art. Die Steuerzahler der EU-Länder habe im Moment noch wenig Anlass, auf die Strasse zu gehen und ihre Meinung auf diese Weise kundzutun. Nur der Markt, die Risikoaufschläge für Kredite an Griechenland, signalisieren auf unzweideutige Art die katastrophale Situation.

Griechenlands Politiker werden also weitermachen mit ihrem Gewurstel und Griechenlands Bevölkerung mit ihrer Empörung. Griechenland wird weiter künstlich verbilligte Kredite von der EU fordern und erhalten und die EU-Politiker werden weitermachen, diese Zahlungen zu sprechen und deren Kosten kreativ zu verbergen. Dieser Prozess wird sich aufschaukeln, bis die Kosten nicht mehr zu verbergen sind und auch die Bevölkerung in den anderen EU-Staaten auf die Strasse gehen.

Dies wird der Zeitpunkt sein, an welchem diese Krise ihren letzten Akt erreichen und die EU implodieren wird. Wir wollen hoffen, dass dies der Höhepunkt dieser Krise sein wird. Es könnte aber noch schlimmer kommen.


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