Empathie und ein Geschmack von Korruption

17. February 2017, linke Mythen, Politik, aktion-hip, No Comments »

Ist Empathie ein schlechter Wegweiser für menschliches Engagement? Diese Auffassung vertritt der Psychologie-Professor Paul Bloom in einem Artikel, welcher im Folio zum Thema «Mitgefühl» (Februar 2017) veröffentlicht wurde. Argumentativ überzeugend weist Bloom auf diverse Fallgruben hin, in welche wir stürzen können, wenn wir uns vom Mitgefühl leiten lassen.

Das Mitgefühl richtet den Scheinwerfer auf ein bestimmtes Einzelschicksal und blendet damit die Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle aus. Wird der Person im Schweinwerfer geholfen, breitet sich Zufriedenheit aus. Doch das Leid der weiteren Personen verbleibt unverändert. Zudem leuchtet der Scheinwerfer des Mitgefühls nur bestimmte Aspekte eines Schicksals aus. Weiter kann uns Mitgefühl veranlassen, die Betroffenen vor jeglichen Anstrengungen zu schützen. Dies auch in Fällen, wo es für die betroffenen Personen besser wäre, gewisse Anstrengungen zu bewältigen (unter geeigneter Anleitung), damit diese Personen in der Lage sind, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen.

Ausserdem kann Mitgefühl von skrupellosen Personen missbraucht werden. Die Bilder von hungernden Kindern lösen einen steten Strom von Spendengeldern aus. Statt dass die Politiker, welche nicht in der Lage sind, für ihre Bevölkerung stabile und wohlstandssteigernde Institutionen zu schaffen, für ihr Versagen bestraft werden, werden sie durch ausländische Unterstützung belohnt.

Empathie hat in linken Kreisen einen unglaublich hohen Stellenwert. Es erstaunt deshalb nicht, dass gegen Blooms Überlegungen im linken Politmagazin p.s. empört protestiert wurde (Ina Müller im p.s. 2017/05). Blooms Argumente werden pauschal und ohne weitere Begründung als pseudohistorisch und pseudopolitisch verunglimpft.

Auch wenn Personen, welche ehrlich an einer gerechten und wohlhabenden Gesellschaft interessiert ist, sich von solchen emotionalen Ausbrüchen abschrecken lassen, lohnt sich für einmal eine Auseinandersetzung mit der Argumentationsweise, welche die linke Autorin für ihre Kolumne bemüht.

Die Autorin fragt sich: «Wozu taugt eine Ethik, die die Menschlichkeit nicht absolut setzt, sondern je nach Wirtschaftlichkeit relativiert?»

Was will die Autorin mit dieser rhetorischen Frage bezwecken? Was heisst das, die Menschlichkeit absolut setzen?

Mit dieser argumentativen Vorgehensweise richtet die Autorin ein Tabu ein. Wer versucht, im Falle von Krisensituationen und dem Leiden vieler Menschen nach Optionen zu suchen und die Vor- und Nachteile verschiedener Möglichkeiten abzuschätzen, arbeitet kaltherzig und somit «unmenschlich». Plädiert die Autorin dagegen für ein direktes, unüberlegtes, vom unmittelbaren Gefühl geleitetes Vorgehen? Zu vermuten ist das. In einer Notsituation muss sofort gehandelt werde, ohne zu überlegen!

Es ist ein beliebtes Feindbild, welches die Autorin in Anschlag bringt. Die Frage nach Wirksamkeit ist kaltherzig. Wer hilft, der hat Gefühle, und das muss honoriert werden, absolut, jederzeit und überall. Dies soll selbst dann gelten, wenn Hilfe gut gemein, deren Folgen aber kontraproduktiv sind. Wer solches postuliert, installiert ein Denkverbot.

Liberal denkende Menschen hegen einen gewissen Argwohn dem Staat gegenüber. Zentrale Strukturen sind immer mächtige Strukturen und nirgends sind diese so zentral, wie wenn sie staatlich organisiert sind. Wir wissen, dass die moderne Gesellschaft staatliche Strukturen braucht, damit Sicherheit und Wohlstand möglich werden. Umso mehr drängen wir darauf, dass staatliches Handeln etablierten Regeln folgt. Nur regelbasiertes Verhalten macht Gewaltentrennung und damit eine Kontrolle der staatlichen Macht möglich. Wer Regeln befolgt, handelt im Einzelfall hartherzig. Wer umgekehrt im obigen Sinn «empathisch» handelt, bricht die Regeln im Einzelfall. Das mag für den einzelnen Betroffenen, welcher im jeweiligen Fall vom Regelbruch profitiert, menschlich erscheinen. Für all jene, welche von solchen Regelbrüchen nicht profitieren können, erscheint es willkürlich.

Ein Beispiel gefällig? Es ist wohl kein Zufall, dass städtische verwaltete Liegenschaften ein Dauerproblem mit der Belegung ihrer Liegenschaften haben. Die Diskrepanz zwischen Absicht (Wohnraum für schwächere Mitglieder der Gesellschaft) und Resultat ist offensichtlich. Die Klientel der links-grünen Wählerschaft ist in diesen Liegenschaften massiv übervertreten und belegt städtische Wohnungen auch dann noch, wenn die Bedingungen dafür schon längst hinfällig geworden sind. Hier zahlt sich ein guter Draht zu den entsprechenden Veraltungsangestellten und ein gewisser empathischer Nachdruck unmittelbar aus.

Die Empathie, welche solchen Regelbruch legitimiert, hat einen hässlichen Beigeschmack, und dieser heisst Korruption.


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