Regulation und Korruption

21. April 2013, liberal, Wettbewerb, aktion-hip, No Comments »

Die Schweiz gilt als Land mit wenig Korruption. Das trägt viel zur Lebensqualität in der Schweiz bei. Doch die Schweiz ist nicht frei von Korruption. Der weit ausgebaute Staat bietet viele Ansätze für Korruption und vieles, was als Korruption bezeichnet werden muss, bleibt unter der Decke. Eine Geschichte, die ich kürzlich mitbekommen habe, stimmt mich in diese Hinsicht nachdenklich.

Der Fall wurde erzählt von einem Kleinunternehmer. Dieser betreibt sein Geschäft im Erdgeschoss einer Wohnliegenschaft. Weil sein Betrieb mit Lärmemissionen verbunden ist, hatte dieser Unternehmer in weiser Voraussicht gleich die oberen Stockwerke des Hauses zugemietet.

Im Verlauf der Zeit hatte der Unternehmer den Einfall, er könne auch die oberen Etagen des Hauses auf interessante Weise nutzen, als ideale Kombination mit seinem Betrieb in Erdgeschoss. Seine Abklärungen ergaben, dass die Bau- und Zonenordnung eine Umnutzung diese Etagen zuliess. Deshalb machte sich der Unternehmer an die Planung. Nach einer Weile waren die Unterlagen so weit gediehen, dass sie den Ämtern (der Stadt Zürich) vorgelegt werden konnten. Unter anderem beugte sich auch der Beamte der Feuerpolizei über die Pläne. Nach nicht zu langer Zeit gab er dem Unternehmer mit besorgter Miene zu bedenken, dass die Umnutzungspläne zu Schwierigkeiten mit den feuerpolizeilichen Vorschriften führen könnten. Er wisse aber von einem Rechtsanwalt, der sich in den feuerpolizeilichen Vorschriften sehr gut auskenne.

Der Kleinunternehmer verstand den Hinweis, besorgte dem bezeichneten Juristen das Mandat und hatte vier Wochen später die Umbaubewilligung in der Tasche.

Ist das normales Geschäftsverhalten in der Schweiz oder ist das schon Korruption?

Auf jeden Fall werden solche Vorgänge mit grösster Wahrscheinlichkeit nie vor einem Gericht verhandelt.

Ersten wäre ein Zusammenhang zwischen dem Hinweis des amtierenden Feuerpolizisten und dem in feuerpolizeilichen Fragen erfolgreichen Juristen schwer zu beweisen. Möglicherweise war der Anwalt früher selbst in der Feuerpolizei tätig. Dann qualifiziert ihn das umso mehr für die erfolgreiche Tätigkeit. Auch wenn sich Feuerpolizist und Anwalt gut kennen, so lässt sich dies kaum als hinreichender Beleg für Korruption deuten. Schliesslich sind beide Personen im gleichen Bereich tätig, wenn auch auf unterschiedlichen Seite. So lässt sich eine Bekanntschaft dieser beiden Personen kaum umgehen.

Zweiten fehlt bei einem solchen Fall der Ankläger. Die geschädigte Person, in diesem Beispiel der Kleinunternehmer, ist froh, dass er die Bewilligung hat und seine Umnutzungspläne realisieren kann. Dass er zu diesem Zweck einen nicht ganz billigen Umweg über den Juristen nehmen musste, kann er verschmerzen, wenn in der Folge die Umsätze stimmen. Hätte er den Hinweis des Feuerpolizisten nicht genutzt und wäre mit seinen Plänen gescheitert, dann wären die finanziellen Folgen mit Sicherheit schlechter für ihn ausgefallen.

Auch wenn es schwer zu beweisen ist, so handelt es sich bei solchen Fällen doch um Korruption.

Unser Kleinunternehmer hat ein Projekt und erstellt Pläne, um dieses Projekt zu realisieren. Dafür muss er einen gewissen Aufwand in Kauf nehmen. Statt dass er diese Pläne nun bei den Behörden einreichen kann, wo sie bewilligt oder abgelehnt werden, stellt er einen Agenten ein, welcher ihm diese Pläne so umformuliert, dass die Chancen der Bewilligung massgeblich erhöht werden. Der Unternehmer muss also einen zusätzlichen Aufwand betreiben. Ob der Unternehmer seine Zuweisung direkt einem Beamten bei den Behörden oder einem von den Behörden (angeblich) unabhängigen Agenten zahlt, ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass der Unternehmer einen zusätzlichen Betrag bezahlen muss, Bestechungsgeld, einzig mit dem Ziel, die Chancen für eine positive Antwort bei den Behörden zu erhöhen.

Wohl handelt es sich bei solchen Fällen um Korruption in geringem Ausmass. Der Jurist mit seiner feuerpolizeilichen Spezialisierung wird ein gutes Einkommen haben aber weder er noch der Feuerpolizist mit seinen hilfreichen Hinweisen werden mit solchen Fällen Millionen verdienen.

Trotzdem darf der gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Schaden solcher Vorgänge nicht unterschätzt werden. Das grösste Problem ist, dass solche Vorgänge das Verhalten aller beteiligten Personen schleichend korrumpieren. Es gibt in diesem Spiel keinen offensichtlich Geschädigten. Zusätzlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass solches Verhalten ans Licht gezogen und gerichtlich bestraft wird, äusserst klein. Dies führt dazu, dass die Profiteure in diesem Spiel die Einsätze erhöhen und das Spiel mit der Korruption weitertreiben, so lange, bis die Korruption offensichtlich wird und gerichtlich gestoppt wird. Dann allerdings ist der Schaden immens.

Regulation schafft die Möglichkeit für Korruption. In einer realen Gesellschaft werden solche Möglichkeiten auch genutzt, eher früher als später. Je mehr Regulation, desto mehr Korruption. Wir können uns also auf einiges gefasst machen.

 


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