Eine Feministin in der Piratenpartei?

10. January 2016, PiratenPartei, Politik, aktion-hip, No Comments »

Jolanda Spiess-Hegglin ist neu Mitglied der Piratenpartei. Die Exponenten der Piratenpartei überschlagen sich vor Freude. Das ist nachvollziehbar: dank Frau Spiess ist die Piratenpartei erstmals in einem Kantonsparlament vertreten.

Ich bin allerdings nicht sicher, ob dieser Neueintritt der Piratenpartei zum Vorteil gereicht. Wenn die Piratenpartei zur Zuflucht wird für Personen, welche in etablierten Parteien gescheitert sind, dann stellt dies der Piratenpartei ein schlechtes Zeugnis aus.

Es wäre schön, wenn ich mich täusche, aber bisher ist mir die Piratenpartei nicht als sehr frauenfreundlich aufgefallen. Ich erinnere mich, seinerzeit als Vorstandsmitglied bei der Piratenpartei des Kt. Zürich einen Antrag eingereicht zu haben, mit einer geeigneten Willkommenskultur der Piratenpartei zu einen frauenfreundlicheren Bild zu verhelfen. Eine Partei, welche die Hälfte der Bevölkerung zum Vornherein praktisch ausschliesst, hat wenig Chancen in einer Demokratie. Mein Antrag ist nicht auf Ablehnung, sondern auf blanke Ignoranz gestossen. Meine Kollegen konnten mit den Begriffen “frauenfreundlich” und “Willkommenskultur” schlicht nichts anfangen.

Vielleicht schaffen es die die Ultra-Nerds in der Zentralschweizer Sektion tatsächlich, zusammen mit Frau Spiess die Piratenpartei auch für Frauen wählbar zu machen. Noch viel besser wäre es, wenn es Frau Spiess gelingen würde, die Piratenpartei als Option für politisch wache Frauen zu machen, ihr politisches Engagement hier auszuleben. Immerhin ist die Piratenpartei eine junge Partei. Hier könnten neue Mitglieder mit einem klaren Gestaltungsbedürfnis noch viele Pflöcke einschlagen. Prinzipiell wäre die Piratenpartei durchaus attraktiv, auch für Frauen. Aber eben, wenn man sich im politischen Alltag von Nerds umzingelt sieht, dann schwindet die Lust auf politisches Engagement schnell. Schliesslich will man den Kollegen nicht immer sagen müssen, sie sollten sich doch bitte anständig anziehen, damit es einem nicht weh tut, wenn man sie ansehen muss.

Damit das Vorhaben gelingt, die Piratenpartei frauenfreundlicher zu machen, müsste Frau Spiess eine klare Vision darüber haben, was sie in der Piratenpartei erreichen möchte. Umgekehrt müssten meine Kollegen aus der Zentralschweizer Sektion Frau Spiess den Freiraum zugestehen, solche Visionen umzusetzen. Bei beiden Punkten habe ich grosse Fragezeichen. Zwar kenne ich Frau Spiess nicht, dafür meine Zentralschweizer zu gut.

Frau Spiess wird in der Piratenpartei keine Chance haben, wenn sie als Einzelmaske auftritt. Es muss ihr gelingen, andere Frauen zum Engagement in der Piratenpartei zu motivieren. Sie muss sich in der Partei eine starke Basis schaffen, die sie stützt. Sie muss sich mit den Themen der Piratenpartei befassen, gleichzeitig muss es ihr aber gelingen, mit eigenen Themen das noch sehr enge Spektrum der Piratenpartei auszuweiten. Wohl masst sich die Piratenpartei an, zu vielen Themen Stellung zu nehmen. Die Positionspapiere auf der Webseite der Partei geben ein Zeugnis davon. Doch macht sie das oft mit erschreckend geringer Kompetenz. Hier könnte ein Input aus der realen Politik die Partei einen grossen Schritt weiter bringen.

Der Tatbeweis wird bei den nächsten Kantonsratswahlen 2018 erbracht (falls Frau Spiess zu diesem Zeitpunkt noch Mitglied der Piratenpartei ist). Frau Spiess wird die Wiederwahl nur schaffen, wenn sie gut in der Piratenpartei integriert ist und wenn die Piratenpartei über diese Zusammenarbeit einen grossen Schritt weiter gekommen ist. Falls allerdings die Piratenpartei 2018 aus dem Zuger Parlament fliegen sollte, wird man folgendes Fazit ziehen können. Die Piratenpartei ist so, wie sie tönt: dumm und dämlich!


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