Schulden sind unfair und fördern Verschwendung

24. January 2021, linke Mythen, Wettbewerb, aktion-hip, No Comments »

Replik auf Artikel «Diese Schulden muss keineR zahlen» von Michael Graff (p.s. vom 8.1.2021)

Der Autor plädiert in seinem Beitrag dafür, die in der gegenwärtigen Pandamie aufgenommenen Schulden nicht zurück zu zahlen. Ich finde diese Idee gefährlich. Sie ist unfair und fördert die Verschwendung.

Unfair ist die Idee, weil diese Pandemie nicht die letzte sein wird, welche unsere Gesellschaft erleben wird. Wir können die wirtschaftlichen Probleme der gegenwärtigen Pandemie relativ gut überstehen, weil wir dank der vom Autor verspotteten Schuldenbremse die finanziellen Ressourcen hatten, die benötigten Kredite schnell und unbürokratisch bereitzustellen. Wenn wir nun dieses Schulden nicht zurückzahlen, beschädigen wir genau diese Möglichkeit für die nächste Pandemie (oder einer anderweitigen Krise). Wir leben also auf Kosten einer zukünftigen Krisengeneration und das entspricht nicht meinen Vorstellungen von Fairness.

Gewichtiger ist das Argument der Verschwendung. In einer konfusen Kette von Argumenten mit vielen rhetorischen Fragen wendet sich der Autor gegen die Überlegung, mit den Investitionen in der Gegenwart zukünftige Werte zu erzeugen, welche die Rückzahlung der Schulden erlauben. Wenn die Investitionen keine Werte darstellen und keine Erträge in der Zukunft ermöglichen müssen, wo soll dann investiert werden? In den Sozialstaat, in die Bildung, in Autobahnen in jedes Alpental (keine rhetorische Frage)? Wenn wir uns vom Druck befreien, die Investitionen heute sorgfältig auszuwählen, dann öffnen wir der Verschwendung Tür und Tor. Das folgerichtigste Kriterium für die sorgfältige Wahl ist die Wertschöpfung: Wo Werte geschaffen werden, sind Erträgt möglich, und mit diesen Erträgen können und sollen die Schulden zurückgezahlt werden.

Neben seiner grundsätzlichen Fehlüberlegung versteigt sich der Autor in diverse schwer nachvollziehbaren Behauptungen. So behauptet er beispielsweise, dass nach der Finanzmarktkrise 2008/9 staatliche Sparprogramme grosse Folgeschäden verursacht hätten. Mit Verlaub, der fundierte Rückblick zeigt genau das Gegenteil. Irland und Island führten Sparprogramme durch und deren Volkswirtschaften hatten spätesten 2015 die Krise überwunden. Ganz im Gegensatz zu Italien. Dieses Land führte KEIN Sparprogramm durch und seine Wirtschaft taumelt immer noch nahe am Abgrund.

Das Konzept der Eigenverantwortung diskreditiert der Autor mit dem befremdlichen Hinweis, dass Versicherungen unnütz seien, weil die Pandemie als Schadensursache vom Versicherungsschutz ausgeschlossen ist. Es braucht nicht viel mathematische Kenntnisse um diesen Sachverhalt zu verstehen. Eine Versicherung funktioniert, wenn mit vielen kleinen Prämienzahlung wenige und vor allem unkorreliert auftretende Schadensereignisse gedeckt werden können. Nur auf diese Weise können die Prämien so tief gehalten werden, dass sich die vielen Akteure den Versicherungsschutz leisten können. Eine Pandemie ist genau jener Schadensfall, wo eine Versicherung rein statistisch nicht funktionieren kann. Man muss ideologisch ziemlich verblendet sein, wenn man sich derart leichtfüssig über die statistischen Fakten hinwegsetzen kann.


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