Meine Haare gehören mir!

30. August 2022, ... alles andere, liberal, linke Mythen, aktion-hip, No Comments »

Um was geht es eigentlich bei der «kulturellen Aneignung»?

Die Ereignisse um Musiker mit Rasta-Frisuren und deren Ausladungen aus Konzertanlässen in diesem Sommer hat die gebührende Aufmerksamkeit gefunden. Unter dem Titel «cancel culture» wurde eingehend über diese Vorfälle berichtet und in den liberalen Medien konnten wir viel Gescheites über den Unsinn lesen, der hinter dem Konzept der kulturellen Aneignung steht.

Ein Aspekt wurde in dieser Diskussion bisher übersehen. Wenn ich mich auf eine bestimmte Art kleide oder frisiere, ist das meine Sache. Wenn sich eine andere Person deswegen gestört, pardon «unwohl» fühlt, dann ist das deren Sache. In einem freiheitlichen Umfeld müsste die andere Person diese Störung zähneknirschend hinnehmen oder sie könnte einen Verhandlungsprozess anstossen, an dessen Ende ich möglicherweise mein störendes Äussere anpasse und für mein Entgegenkommen entschädigt würde. So wäre der Nutzen beidseitig optimiert.

Das ist die Art und Weise, wie gleichberechtigte Personen normalerweise miteinander umgehen.

In den 70er Jahren kämpften die Frauen unter dem Motto «Mein Bauch gehört mir» für das Recht auf Abtreibung. Sie gaben damit unmittelbar verständlich zum Ausdruck, dass es ihr Körper ist, der hier rechtlichen Massnahme unterworfen ist. Aus liberaler Sicht handelt es sich bei Einschränkungen auf dem eigenen Körper um Beschränkungen grundlegender Freiheitsrechte.

Weil es bei der Abtreibungsfrage auch um die Frage der gesellschaftlichen Reproduktion geht, ist es bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar, dass die Gesellschaft versucht, das Recht der Frau an ihrem eigenen Bauch einzuschränken. Trotzdem, liberal denkende Personen unterstützen selbstverständlich die Frauen bei ihrem Anspruch, vollumfänglich über ihren eigenen Körper verfügen zu wollen.

Deshalb ist es überaus irritierend, wenn nun das Recht auf den eigenen Körper bei einer, aus gesellschaftlicher Sicht, nebensächlichen Sache wie der Frisur, plötzlich nicht mehr gelten soll. Das Problematische beim Konzept der «kulturellen Aneignung» ist nicht, dass es auf irrigen Annahmen beruht und zu irrwitzigen Resultaten führt. Das Problematisch ist, dass es sich um einen eklatanten und arroganten Übergriff einer Person (oder Personengruppe) auf die Freiheitsrechte einer anderen Person handelt. Schamlos werden die Rollen umgekehrt und das Opfer des Übergriffs zum Täter gemacht, weil es angeblich eine andere Kultur «ausbeutet». Unter dem Titel der «kulturellen Aneignung» üben versteckt agierende Täter ihre Machtprojektion auf andere Personen aus und behindern diese in ihren grundlegenden Rechten.

Bei der «kulturellen Aneignung» geht es um Macht. Als liberal denkende Menschen müssen wir Übergriffen dieser Art einen Riegel schieben.


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