Kein Platz auf der Liste der GLP für die Gemeinderatswahlen 2010

14. December 2009, Atomkraft, liberal, aktion-hip, 1 Comment »

Für die kommenden Gemeinderatswahlen (im März 2010) bekam ich den 3. Platz auf der GLP-Liste im Kreis 10 (Zürich Höngg). Diesen Platz bin ich nun wieder los. Was ist geschehen?

In der Oktober-Ausgabe der “Schweizer Monatshefte” ist mein Artikel “Profiteure des Klimawandels” erschienen. In diesem Artikel erkläre ich meine Ansicht, dass Atomenergie einerseits problematisch ist, was den radioaktiven Abfall mit sehr langer Halbwertszeit betrifft, bezüglich den CO2-Emissionen aber sehr gute Werte aufweist. Auf dem Weg zu einer CO2-armen Wirtschaft spielt meiner Meinung nach Atomenergie noch für längere Zeit eine wichtige Rolle. Eine Haltung zur Atomenergie, welche sowohl die Risiken wie auch das Potential von Atomenergie nüchtern beurteilt, ist für mich ein glaubwürdiges Signal für die Ernsthaftigkeit der Akteure in der Klima- und CO2-Problematik.

Damit unterscheide ich mich von der Leitlinie der GLP. Gemäss dem vor einem Jahr (November 2008) an einer kantonalen Mitgliederversammlung verabschiedeten Energie-Leitepapieren wird eine Reduktion des Gesamtenergieverbrauchs und der CO2-Emissionen ohne Neubau von AKWs gefordert.

Der Umstand, dass bei der Autorenschaft des Artikels meine Mitgliedschaft bei der GLP erwähnt war, hat bei den massgeblichen Kreisen zu viel Ärger geführt. In den Kernanliegen, so die Anforderung, müssen Vertreter der GLP die Parteilinie zu 100% vertreten.

Das Problem ist: Ich war an der Parteiversammlung, an welcher die Energie-Leitpapiere verabschiedet worden sind, nicht nur dabei, sondern habe meine eigenständige Haltung zu Atomenergie auch vertreten, wohlwissend, dass ich dabei eine schwierige Position einnehme und nur auf geringes Verständnis stossen würde. Entsprechend wurde mein Antrag deutlich mit 95 zu 3 Stimmen abgelehnt. Spätestens seit diesem Tag ist in der GLP bekannt, dass ich bezüglich Atomenergie eine abweichende Meinung habe.

Wieso kam ich dann vorerst trotzdem auf einen vorderen Listenplatz auf der Liste für die Gemeinderatswahlen? Wenn man eine Minderheitsposition vertritt und in einer Abstimmung unterliegt, bedeutet dies in der GLP, dass man in der Folge seine Meinung verleugnen und als Partei-Angehöriger die Mehrheitsmeinung vertreten muss?

Jedenfalls wurde das Risiko (welches genau?), dass ich mit meiner abweichenden Meinung auf einem vorderen Listenplatz erscheine, nunmehr als zu gross empfunden. Der Vorstand der Kreispartei hat deshalb den Antrag gestellt, mich von der Liste zu streichen. In der Folge hat der Vorstand der GLP-Stadtpartei entschieden, diesem Antrag stattzugeben. Somit ist es definitiv, dass die Gemeinderatswahlen 2010 ohne mich stattfinden werden.

Für mich stellen sich einige zentrale Fragen:

  • Geht es um den Inhalt: Ist meine pragmatische Haltung zu Atomenergie so absurd, dass sie auf keine Weise vertreten werden kann? Oder handelt es sich bei Atomenergie um ein so grosses Tabu, dass eine nüchterne Haltung nicht mehr vermittelbar ist?
  • Oder geht es um die Parteilinie: Ist es so schwierig für eine Partei, welche das Etikett “liberal” in ihrem Parteinamen führt, zu vertreten, dass es in der Partei Personen mit einem weiten Spektrum an Meinungen gibt? Ist es für die GLP leichter, das Signal zu erklären, das gesendet wird, wenn abweichende Meinungen unterdrückt werden?
  • Und nicht zuletzt: Warum fährt die GLP in diesem Fall einen klar konfrontativen Kurs und hebt die Differenzen hervor, statt dass die vielen Gemeinsamkeiten betont werden?

Eine Antwort to “Kein Platz auf der Liste der GLP für die Gemeinderatswahlen 2010”

  1. […] Der Höhepunkt der Demotivation erlebt im Zusammenhang mit dem Wahlkampf für die Gemeinderatswahlen 2010: mit fadenscheinigen Argumenten und auf eine Art, welche das liberale Gedankengut verhöhnt, wurde ich von der Kandidatenliste des Wahlkreises Höngg gestrichen (vgl. meinen Blog-Beitrag vom Dezember 2009). […]

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