“Ich bin auch ein Links-Liberaler”

24. May 2010, liberal, Wettbewerb, aktion-hip, 1 Comment »

Seit der Ernennung von Roger de Weck zum SRG-Generaldirektor wissen wir, dass es das gibt: links-liberal. Doch was ist links-liberal eigentlich? Die zahlreichen Äusserungen des “freien” Publizisten de Weck erlauben eine Klärung:

Links-liberale Gesellschaftskritik landet eher früher als später bei der Marktkritik. Links-Liberale sind somit vorerst einmal links. Den Marktmechanismen wird ein grundsätzliches Misstrauen entgegengebracht. Märkte gehören gebändigt, d.h. reguliert, weil alle Krisen durch Marktversagen ausgelöst wurden und werden. Staatliches Handeln wird demgegenüber als überlegen eingestuft. Es ist der ordnende Eingriff des Staats, welcher die Krise meistert, die Märkte ordnet und den Bürgern Vertrauen und Sicherheit gibt.

Die Wirkungsweise von Marktmechanismen bleibt dem links-liberalen “Diskurs” verborgen. Dass es die Marktmechanismen sind, welche die unzähligen individuellen Handlungen der wirtschaftlichen Akteure kaum sichtbar, aber wirkungsvoll koordinieren, steht ausserhalb der Erfahrungswelt der Links-Liberalen.

Zweifellos trifft zu: Märkte sind dynamisch. Das bedeutet, dass Märkte zerstören, und gerade dadurch werden den Marktteilnehmern neuen Möglichkeiten eröffnet. Das kleine Pflänzchen, das im Schatten des grossen Baums seine Existenz fristet, wird nie die Möglichkeit haben, in das Sonnenlicht zu wachsen, wenn nicht ein Orkan den grossen Baum fällt und damit Platz für neues Wachstum schafft. Die Märkte lassen keine Ruhe, sondern stellen immer neue Herausforderungen und zwingen die Marktteilnehmer zu immer neuen Anpassungen. Wer hier mithalten will, muss mit Innovationen reagieren. Es sind diese Innovationen, welche die Gesellschaft weiterbringen. Wer aber nicht mithalten kann, erlebt die Märkte als krisenhaft.

Es sind immer die Eingesessenen, Arrivierten, Bestandenen, welche verlangen, dass der Markt zu bändigen sei. Sie haben sich in ihr Nest eingerichtet und wollen ihren Reichtum geniessen, ohne gestört zu werden. Dass für den von oben verordneten Immobilismus ein hoher gesellschaftlicher Preis zu zahlen ist, weil die Innovationskraft geschädigt wird und die Entwicklungsmöglichkeiten der Leistungswilligen, Aufstiegshungrigen, noch nicht Arrivierten verbaut werden, stört die Links-Liberalen nicht. Das ist die Krise der anderen.

Nicht nur der wirtschaftliche, auch der politische Markt muss gebändigt werden. Allzu viel Demokratie ist ungesund. Die Diktatur der Mehrheit ist gefährlich, so können wir vernehmen. Demokratie ist solange gut, als dass auf Minderheiten Rücksicht genommen werde. Auf welche Minderheit dabei Rücksicht genommen werden soll, bestimmen die links-liberalen Eliten mit Vorlieben selbst, und dabei kommt die links-liberale Minderheit bestimmt nicht zu kurz.

Dieses Misstrauen auch gegenüber den direktdemokratischen Institutionen erklärt die Vorliebe der Links-Liberalen für die EU. Es gibt kein politisches Projekt, welches die demokratischen Institutionen derart wirkungsvoll von der Volksmeinung entkoppelt hat, wie die EU. Während die Normalbürger vor den Toren der EU-Institutionen versauern wie der Mann vom Lande in Kafkas “Vor dem Gesetz”, haben die links-liberalen Eliten hier ungehinderten Zutritt. Mithilfe der EU-Bürokratie hoffen die Links-Liberalen, sich ihre Demokratie massschneidern zu können.

Inwiefern sind die Links-Liberalen denn liberal? Für die Linken stellt das Prinzip der Gleichheit ein grosser Wert dar. Hier können sich die Links-Liberalen wirkungsvoll abgrenzen. Die Links-Liberalen verfügen in der Regel über Vermögen und Eigentum, welches deutlich über dem gesellschaftlichen Durchschnitt liegt. Da ist es praktisch, dass man als Liberaler Ungleichheit befürworten kann. Chancengleichheit ist gut und Umverteilung ist notwendig, aber die eigenen Privilegien sollen bitteschön nicht angetastet werden.


Eine Antwort to ““Ich bin auch ein Links-Liberaler””

  1. Andreas Bürki says:

    Mit professoraler – was nicht ist, kann ja noch werden – Stringenz auf den Punkt gebracht, wie sich die “links-liberal Arrivierten” definieren: “Wir sind alle gleich, doch ich bin gleicher !”

Kommentar